Die Teile der Heiligen Messe
Die Eröffnung
Wenn die Sakristeiglocke erklingt, erheben sich die Gläubigen, weil sie mit den Augen des Glaubens im Priester Christus sehen. Ebenso gelten alle Zeichen der Ehrung, die dem Priester in der Heiligen Messe erwiesen werden, nicht seiner Person. Er nimmt sie stellvertretend für den entgegen, den er vertritt: Jesus Christus selbst.
Der Gesang zum Einzug (antiphona ad introitum) des Priesters und seiner Begleitung „hat die Aufgabe, die Feier zu eröffnen, die Zusammengehörigkeit aller Teilnehmer zu fördern, sie innerlich in das Mysterium der liturgischen Zeit oder des Festes einzustimmen sowie den Einzug des Priesters und der liturgischen Dienste zu begleiten“ (GORM 47; vgl. AEM 25).
Der äußere Weg, den der Priester und seine Begleitung in Form einer Prozession zurücklegen, ist Bild für einen inneren Weg. Denn noch viel mehr als auf die leibliche Präsenz kommt es auf die bewusste und wache innere Teilnahme an der Heiligen Messe an.
Nachdem das Allerheiligste im Tabernakel mit einer Kniebeuge von den Einziehenden begrüßt wurde, gilt die volle Aufmerksamkeit dem Altar, der Symbol für Christus ist. Er wird vom Priester (und anderen anwesenden Priestern und Diakonen) geküsst und eventuell anschließend beweihräuchert.
Der Hauptzelebrant begibt sich anschließend zum Vorstehersitz, von wo aus er den weiteren Eröffnungsritus leitet. Priester und Gemeinde stellen sich durch das gemeinsame Kreuzzeichen unter das Kreuz Christi und bekunden damit, dass sie von diesem Kreuz das Heil erwarten. Sie grüßen sich dann mit der Gruß- und Segensformel: „Der Herr sei mit euch.“ Antwort: „Und mit deinem Geiste.“
Dieser Gruß unterscheidet sich wesentlich von alltäglichen Begrüßungen: „Durch diesen Gruß und die Antwort des Volkes wird das Mysterium der versammelten Kirche zum Ausdruck gebracht“ (GORM 50; vgl. AEM 28).
Nach einer kurzen Einführung folgt der Bußakt. Alle Mitfeiernden bereiten sich innerlich auf das Hören des Wortes Gottes und den Empfang des Leibes Christi vor. Dies geschieht durch das Schuldbekenntnis, einem Wechselgebet oder durch Kyrie-Rufe, die mit kurzen Sätzen eingeleitet werden, die das Heilshandeln Christi in Erinnerung rufen sollen. An Sonntagen ist es auch möglich, den Bußakt durch das sonntägliche Taufgedächtnis zu ersetzen (Segnung des Wassers und Besprengung der Gläubigen).
Die Kyrie-Rufe waren schon im heidnischen Altertum als Huldigungsrufe an die Gottheit oder einen Herrscher bekannt, den man als Gott verehrte. Die Kirche bezog sie im Sinn des paulinischen Schrifttums auf Christus als ihren göttlichen Herrn. Dem Kyrie folgt in der Messe an Hochfesten, Festen und den Sonntagen außerhalb der Advents- und Fastenzeit das Gloria: Ehre sei Gott in der Höhe! Ein Lobpreis auf Gott.
Das Tagesgebet beschließt den Eröffnungsteil der Messfeier. Nach der Gebetseinladung „Lasset uns beten“ folgt eine kurze Stille, in der alle persönlichen Gebete und Anliegen der Mitfeiernden gesammelt werden. Dann bringt der Priester durch das Tagesgebet die unausgesprochenen Bitten vor Gott. Die Gemeinde beschließt dieses Gebet mit „Amen“, was so viel wie „Ja, so sei/ist es!“ bedeutet.
Die Aufgabe der Eröffnung als Teil der Heiligen Messe – so kann zusammenfassend gesagt werden – besteht darin, dass die versammelte Gemeinde zur bewussten Gemeinschaft geformt und auf die Verkündigung des Wortes Gottes und die würdige Feier der Eucharistie vorbereitet wird.
Wortgottesdienst
Der Eröffnung folgt in der Heiligen Messe der Wortgottesdienst. Bereits im 2. Jhdt. wurden biblische Lesungen der eucharistischen Feier vorangestellt. Das Zweite Vatikanische Konzil entschied sich diesen Teil der Messe, der auch Liturgie des Wortes genannt wird, auszubauen, „dass den Gläubigen der Tisch des Gotteswortes reicher bereitet werde“ (Sacrosanctum Concilium 51, Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie, Abkürzung: SC). Grund für diese Intensivierung war die Überzeugung, dass Christus auch im Wortgottesdienst gegenwärtig ist und für das Heil der Kirche wirkt (SC 7). „Denn in den Lesungen, die in der Homilie ausgelegt werden, spricht Gott zu seinem Volk; er tut das Mysterium der Erlösung und des Heils kund und gewährt geistliche Nahrung; und Christus selbst ist in seinem Wort inmitten der Gläubigen gegenwärtig. Dieses göttliche Wort macht sich das Volk im Schweigen und durch Gesänge zu eigen und bezeugt durch das Glaubensbekenntnis seine Treue zu ihm. Durch das Wort Gottes genährt, tritt es im Allgemeinen Gebet in den Anliegen der ganzen Kirche und für das Heil der ganzen Welt fürbittend ein.“ (Grundordnung des römischen Messbuchs 55, Abkürzung: GORM; vgl. Allgemeine Einführung in das römische Messbuch 33, Abkürzung: AEM)
Ort der Verkündigung des Wortes Gottes ist der Ambo (vom griechischen anabainein = hinaufsteigen; siehe auch Neusiedler Nachrichten Ausgabe Okt. 2019, Seite 8). Dazu heißt es in GORM 309 (vgl. AEM 272): „Die Würde des Wortes Gottes verlangt einen geeigneten Ort in der Kirche, von dem aus es verkündigt wird und dem sich in der Liturgie des Wortes die Aufmerksamkeit der Gläubigen von selbst zuwendet.“ So sollte der Ambo dort stehen, wo der Vortragende von allen gut gesehen und gehört werden kann. Außer den Lesungen werden von hier aus auch der Psalm und das Evangelium sowie gegebenenfalls die Homilie und die Fürbitten vorgetragen.
Dem Evangelium kommt seit alters her eine besondere Feierlichkeit in der Messfeier zu. Das merkt man daran, dass der Vortragende ein Diakon oder Priester sein muss, der sich mit einem eigenen Gebet auf die Verkündigung vorbereitet, bzw. einen besonderen Segen erbittet. Das Evangelium wird in sehr feierlichen Messen in Prozessionsform unter Mitführung von Weihrauch und Leuchtern zum Abo getragen. Der Priester (Diakon) bezeichnet das Buch und sich selbst mit dem Kreuzzeichen und inzensiert (beweihräuchert) es vor der Verkündigung. Die Gläubigen sprechen oder singen vor und nach der Verlesung besondere Huldigungsrufe („Ehre sei dir, o Herr“ und „Lob sei dir, Christus“). Während die Gläubigen bei den Lesungen sitzen, hören sie das Evangelium stehend (Ausdruck der Ehrfurcht und Bereitschaft). Nach der Verkündigung küsst der Vortragende das Buch und betet: „Herr, durch dein Evangelium nimm hinweg unsere Sünden“.
Sowohl für die Lesungen als auch für das Evangelium gilt, dass sie nicht nur historisch verstanden werden dürfen, als eine Information über das, was in der Vergangenheit war. Die Heilige Schrift ist vielmehr eine Botschaft und ein Anruf an den gegenwärtigen Hörer, der sich diesen Ruf öffnen soll. Mehr noch: Wo immer das Wort Gottes verkündet wird, wird sein Heil gegenwärtig.
Die Predigt oder Homilie als Auslegung der heiligen Texte gehört zu den ältesten Elementen des Wortgottesdienstes. Ursprünglich war sie das besondere Vorrecht des Bischofs. Das Zweite Vatikanische Konzil betont, dass die Predigt keine Unterbrechung der Liturgie ist, sondern zu ihr gehört und dass sie besonders in den Gemeindemessen der Sonn- und Feiertage nicht ausfallen darf (vgl. SC 52).
An Hochfesten und Sonntagen wird nach der Homilie das Glaubensbekenntnis gesprochen oder gesungen. Darin drückt sich die Zustimmung der Gemeinde zu dem in Lesungen und Predigt gehörten Wort Gottes und zu den wesentlichen Glaubenswirklichkeiten aus, zugleich ist es aber auch ein Lobpreis des unser Heil wirkenden dreieinigen Gottes.
Mit den Fürbitten, auch „allgemeines Gebet“ oder „Gebet der Gläubigen“ genannt, wird der Wortgottesdienst abgeschlossen.
Wir alle sind gefragt, wenn es darum geht, Gottes Liebe in der Welt immer mehr wirksam werden zu lassen. Am besten gelingt uns das als Hörende und Verkündende des Wortes Gottes. Denn: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ (Joh 1,1)
Die Eucharistiefeier
Zu Beginn der Eucharistiefeier wird der Altar, der „heilige Tisch“, bereitet: Mit dem Korporale, einem viereckigen Leinentuch welches am Altar ausgebreitet wird, dem Kelch, Kelchtüchlein und dem Messbuch. Durch diese Bereitung des Altares wird klar: Jetzt kommt ein neuer Teil der Messe – wir gedenken des letzten Abendmahls Jesu und lassen das, was damals geschah im Pascha-Mysterium gegenwärtig werden.
Die Gabenbereitung bringt nicht nur das Bereitstellen von Brot und Wein zum Ausdruck, sondern auch die Aufopferung des eigenen Hab und Gutes für die Gemeinschaft und die Armen – dies bringt vor allem der Begriff „Opfergang“ zum Ausdruck. Auch bei der Gabenprozession wurden in der Geschichte der Kirche nicht immer nur Brot und Wein zum Altar getragen, sondern auch Naturalien und Wertgegenstände. Man muss in diesem Zusammenhang diese Gaben jedoch immer als Zeichen für das Selbstopfer der Gläubigen verstehen.
Nach den Gebeten und Mischung von Wein und Wasser folgt die Händewaschung als äußeres Zeichen der innerlichen Reinigung. Die Gabenbereitung schließt mit dem Gabengebet.
Mit dem Hochgebet beginnt nun „Mitte und Höhepunkt der ganzen Feier“ (GORM, Nr. 78). Im Hochgebet kommen unterschiedliche Elemente zu einer Einheit zusammen: Dank, Lob und Bitte. Die feiernde Gemeinde drückt ihren Dank für vergangene Heilstaten aus, sie blickt in die Vergangenheit und erinnert sich gemeinsam an die Ereignisse, die Gott in der Heilsgeschichte gewirkt hat. Zugleich stimmt die Gottesdienstversammlung in den Lobpreis des dreifaltigen Gottes ein; die Gläubigen stehen im Hier und Jetzt vor ihrem Gott, um ihm Lob zu singen und ihn für seine großen Taten zu preisen. Doch nicht nur Vergangenheit und Gegenwart finden im Hochgebet ihren angemessenen Platz, auch die Zukunft wird thematisiert: Es ist die Bitte um Gottes bleibenden Beistand, um seine Gegenwart in den kommenden Tagen, um sein heilvolles Wirken auch in der Zukunft. So werden im eucharistischen Hochgebet die drei Zeitdimensionen miteinander verknüpft und bilden ein sinnvolles Ganzes. Mittendrin zwischen Vergangenheit und Zukunft steht die versammelte Gemeinschaft, die gerade Gottesdienst feiert und vor dem Angesicht Gottes zusammengekommen ist.
Vor der Liturgiereform durch das Zweite Vatikanische Konzil war das Verständnis des eucharistischen Hochgebets stark auf die Einsetzungsworte eingegrenzt. Die Wandlung der Gaben von Brot und Wein – so die Sichtweise – würde allein bei den Einsetzungsworten stattfinden. Daher rührt bis heute der Brauch, die „Wandlung“ durch Glockenläuten anzuzeigen und die gewandelten Gaben sofort nach den Einsetzungsworten durch eine Kniebeuge zu verehren.
Doch die Wandlung der Gaben (Konsekration) lässt sich nicht auf einen einzigen Punkt begrenzen. Vielmehr ist das ganze eucharistische Hochgebet als eine Einheit zu verstehen, in der sich die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi vollzieht. Teile des Hochgebets ausfallen zu lassen oder zu ersetzen, widersprechen daher auch dem Sinn des eucharistischen Hochgebetes.
Beim letzten Abendmahl hat Jesus mit seinen Jüngern Brot und Wein geteilt, so ist die Eucharistiefeier bist heute ein zentrales Element der Gemeinschaft von Gott und den Menschen und den Getauften untereinander: So wie Jesus einst das Bort, das er als seinen Leib kundgetan hat, mit den anderen teilte, so ist es bis heute der Auftrag der Kirche das Brot, welches er selber ist, miteinander zu teilen und in Form der Kommunion zu empfangen.
In Hinblick auf die Bedeutung des Kommunionempfangs ist eine Danksagung angemessen und sinnvoll. Das folgende Schlussgebet fasst die Gebete aller zusammen und bittet „um die Früchte des gefeierten Mysteriums“ (GORM 89; vgl. AEM 56 k).
Die Entlassung
Nach dem Schlussgebet besteht die Möglichkeit, kurze Mitteilungen – die sogenannten Verlautbarungen – an die Gemeinde zu richten, die für das Leben der Pfarre von Bedeutung sind. Dann folgt der liturgische Gruß des Priesters an die Gemeinde: „Der Herr sei mit euch“ und der Hauptzelebrant erbittet für die Gemeinde den Segen Gottes. An besonderen Tagen hat der Priester auch die Möglichkeit den „feierlichen Schlusssegen“ oder das „Segensgebet über das Volk“ zu wählen.
Vom abschließenden Ruf „Ite, missa est“ stammt die Bezeichnung Messe. Weil nämlich die Entlassung schon früh mit einem Segen verbunden war, verstand man missa als den Segen, den Gott den Teilnehmern der Eucharistie schenkt. Der Ruf „Ite, missa est“ heißt eigentlich aber nur: „Geht, es ist Entlassung“ (vom Lateinischen dimissio). Schon in der Antike war es üblich, mit diesen Worten den Schluss einer Versammlung anzuzeigen. Die deutsche Wiedergabe „Gehet hin in Frieden“ ist also eine weiterführende Ausdeutung. Weil jede Gabe Gottes zur Aufgabe wird und zu einem Leben des Dankes und zur Weitergabe der göttlichen Botschaft und Gnade verpflichtet, hat man das „Ite, missa est“ in Anlehnung an das lateinische Wort missio gelegentlich auch als Sendung verstanden, etwa in dem Sinn „Geht, eure Sendung beginnt.“ (Vgl. in diesem Sinn auch Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches Schreiben „Sacramentum caritatis“, 22.2.2007, Nr. 51 [VApS 177,71])
Im Nachdruck der editio typica tertia von 2008 gibt es in diesem Sinn drei weitere Entlassungsrufe zur Auswahl, von denen einer lautet: „Geht, um das Evangelium des Herrn zu verkünden.“
Wie zu Beginn der Messe küsst der Priester auch jetzt den Altar und begibt sich in die Sakristei.
Und für alle Mitfeiernden beginnt jetzt die eigentliche Aufgabe: Die Liebe Gottes in Wort und Tat in der Welt zu verkünden!
(Zusammengestellt von Julian Heissenberger, Kaplan)